Die Schulzeitung der IGS Franzsches Feld

„TikTok und die moderne Zensur“

TikTok erreichte im Juli 2021 einen Rekord von 63 Millionen Downloads, und liegt damit vor Facebook und Whatsapp. Auf TikTok findet man Videos zu FAST allem, was das Herz begehrt. Sicherlich benutzen viele von euch TikTok, aber wahrscheinlich wissen nicht alle, dass TikTok Bytedance gehört, einem der größten Medienkonzerne Chinas. Wenn man das weiß, denkt man vielleicht daran, dass China es mit der freien Meinungsäußerung nicht ganz so genau nimmt, und dass in China regierungskritische Sendungen, Aussagen oder ähnliches nicht gestattet bzw. verboten sind. Und wenn einem dann noch auffällt, dass man auf TikTok sehr wenige bis gar keine Videos oder Posts zu politischen Themen, speziell zu chinesischer Politik findet, fängt man vielleicht an, ins Grübeln zu kommen.

Am 27.11.2019 eröffnete die TikTokerin Feroza Aziz ihren scheinbaren Beauty-Stream ganz normal: „Zuerst müsst ihr eure Wimpernzange nehmen“, dann spricht sie plötzlich über Chinas Umgang mit Muslimen. Sie erzählt, dass Muslime in China zum Essen von Schweinefleisch gezwungen, gekidnappt, vergewaltigt und ermordet werden. Sie beschuldigt China zudem, Konzentrationslager für Muslime zu bauen. Diesen Vorwurf machte auch der damalige amerikanische Außenminister Mike Pompeo. Da sie danach sofort wieder mit ihrem Beauty-Programm weitermacht, wird ihr Video in wenigen Tagen auf TikTok 1,5 Millionen Mal geklickt, bis ihr Kanal auf einmal wegen „mehreren Verletzungen der Community Guidelines“ gesperrt wird. Der Vorwurf gegen TikTok lautete daraufhin: „TikTok zensiert Inhalte, die der chinesischen Regierung nicht gefallen, um china-kritische Themen kleinzuhalten und den medialen Einfluss auf die restliche Welt dank TikToks Erfolg zu erweitern“(1). Natürlich weiß man nicht, ob diese Anschuldigungen gegen China der Wahrheit entsprechen, aber es kann auch niemand das Gegenteil beweisen.

Ungefähr zur selben Zeit hat Netzpolitik.org die einmalige Möglichkeit, mit einem Insider von TikTok zu sprechen, welcher ihnen das System erklärte, mit dem TikTok seine Beiträge filtert, boostet oder löscht.  

Wenn ein Video einfach nur lustig, kreativ oder ähnliches ist, bekommt es einen extra Algorithmusboost. Wenn ein Video als „General“ eingestuft wird, bekommt es keinen Boost, wird aber auch nur vielleicht in einigen Ländern nicht angezeigt oder eingeschränkt angezeigt. „Not recommended“ bedeutet, dass das Video nicht im „für dich“- Feed angezeigt wird. Dann gibt es noch „Not for feed“, wo das Video nur durch Suche gefunden werden kann, und „Visible to self“, wo das Video nur für den Ersteller sichtbar ist. Und letztendlich, falls nichts von alledem ausreicht, gibt es noch „Deletion“, bei dem das Video, wie der Name schon sagt, gelöscht wird.

Und das ist nicht mal alles. Vielleicht ist manchen von euch aufgefallen, dass die Tagesschau auch auf TikTok präsent ist, und dass diese auch Videos zu politisch kontroversen Themen hochlädt. „Dann kann das mit der Zensur doch gar nicht so schlimm sein“, werden manche jetzt sagen, aber das stimmt nicht. Denn wer in Chinas Version von TikTok nach der Tagesschau sucht, wird nicht fündig werden, denn ihr Profil existiert dort nicht. Warum, ist natürlich klar. Wenn die Menschen in China gar nicht erst Zugang zu politischen Kontroversen haben, oder gar nicht erst davon erfahren, können sie sich natürlich auch nicht darüber aufregen, oder die Sachen hinterfragen.

Und das ist nur der Anfang. Der Insider bei TikTok berichtet außerdem davon, dass bei Bytedance künstliche Intelligenzen benutzt werden, um Livestreams zu beobachten und gegebenenfalls einen menschlichen Moderator einzuschalten, der den Livestream dann beenden oder auch den Nutzer sperren kann.

Alles in allem sehen die meisten Leute in TikTok eine App mit unendlichen Möglichkeiten, letztendlich sollen die Nutzer von TikTok aber nur lustige Kurzvideos erstellen und die Finger von Kontroversen und Politik lassen.

Der Titel des Artikels ist von einem gleichnamigen Youtube-Video von dem Youtuber Ultralativ. Ich kann das Video nur wärmstens empfehlen.

Quellen: (1) Wörtliches Zitat aus: https://m.youtube.com/watch?v=kk7WvlPrFvI  („TikTok und die moderne Zensur“), https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-App-Check-TikTok-Shadowbanning-Zensur-LGBTQ-Politik-27468361.html („Zensur bei TikTok“) https://netzpolitik.org/2019/gute-laune-und-zensur/ („gute Laune und Zensur“)