Vom Luftflottenkommando zur preisgekrönten Integrationsschule
Das Schulgebäude ist alt. Das ist euch sicherlich allen klar. Aber wie alt genau? Wann wurde es gebaut, welchen Zweck erfüllte es, wann wurde daraus eine Schule, und was sind eigentlich diese komischen „Fensterbänke ohne Fenster“ im C-Flügel auf fast allen Etagen? Diese und viele weitere Fragen werden wir euch jetzt beantworten.
Starten wir dafür doch einfach mal in der Zeit, in der das Gebäude entstand, die Zeit des Nationalsozialismus. Schon zum Beginn der NS-Zeit war Braunschweig geprägt von jeglicher Art der Luftfahrt. Bestimmt war auch dies einer der Gründe, warum nach dem Bau dreier Luftwaffenkasernen im Jahr 1936 der Grundstein für das Hauptquartier des Luftflottenkommando von Hermann Göring (Oberbefehlshaber der Luftwaffe) gelegt wurde, welches, ihr habt es erraten, später unser Schulgebäude werden sollte. Am 30. März 1938 wurde der Staatsbau mit seinen 300 Räumen und der Zuständigkeit über den gesamten nordwest-deutschen Luftraum feierlich eingeweiht, damals hieß die Straße, an der das Gebäude liegt, im Übrigen noch Bölckestraße.
Die primären Aufgaben des Luftflottenkomandos war es, Flugbewegungen zu koordinieren und Mobilisierungspläne zu erstellen. Es war ebenfalls ein Fliegerhorst (Militärflugplatz) in Planung. Das Luftflottenkommando unterstützte unter anderem die Feldzüge auf Belgien, Niederlande und Nordfrankreich, später auch die Luftschlacht gegen England.
Das Luftflottenkommando war das Hauptquartier der Luftflotte 2, welche bis zum 27. September 1944 aktiv war, jedoch nicht nur in Braunschweig. Im Jahr 1941 wurde ihr Hauptquartier in den Mittelmeerraum verlegt. Nach Kriegsende richteten sich die britischen Besatzungssoldaten hier ihr vorübergehendes Hauptquartier ein, die sogenannten „Yorkshire Barracks“. 1949 begann die Schulgeschichte des Gebäudes, da in diesem Jahr eine „Niedersächsische Erziehungsstätte“ eingerichtet wurde. Die damalige Hauptschule Franzsches Feld wurde endgültig 1991 aufgelöst mit der Gründung der IGS Franzsches Feld, welche erfolgreich am 11. Dezember 2006 den deutschen Schulpreis und 9 Jahre später den Sally-Perel-Preis für Respekt und Toleranz gewann.
Von außen ist das Gebäude mit Rauhputz verkleidet und die mit massiven Säulen bestückten Eingänge geben dem Staatsbau einen einschüchternden Anblick. Auch heute noch nach zahllosen Renovierungen (die immer noch andauern…) behält das Gebäude sein ursprüngliches Aussehen bei. Im Inneren allerdings hat sich seitdem vieles getan. Aus drei damaligen Büros wurden je ein Klassenzimmer, in welchem rund 25 Schüler Platz finden. Jedes dieser Büros beinhaltete einen Tresor, welcher in die Wand eingelassen ist. Diese sind heutzutage noch vorhanden und mit einem Magneten oder durch leichtes Gegenklopfen auffindbar. Darin wurden früher wichtige Dokumente oder ähnliches gelagert. Die Gewehrständer an den Wänden im C-Flügel (das sind die aus der Wand hervorragenden Holzleiste mit den Einkerbungen, in welche früher die Schulterstützen der Gewehre gestellt wurden) fungieren heutzutage als Sitz-oder Ablagemöglichkeit.
Der heutige Musikraum 1 war früher ein Kommandozimmer, auf dessen Terrasse sogar Adolf Hitler mal eine Rede gehalten hat. Damals richtete er seine Rede an die Soldaten auf dem SA-Feld. Dieses sind heutzutage die Fußballfelder des BSC-Acosta und Teile des Nussbergs.
Wir für unseren Teil sind sehr froh darüber, dass dieses ursprünglich so „böse“ Gebäude nun eine so tolle Schule ist, da sich das damalige denken der Nationalsozialisten ja auch so fundamental von dem unseren heutzutage unterscheidet. Das macht es auch nochmal beeindruckender, dass eine Schule in einem solchen Gebäude den Demokratiepreis für Schulen gewinnt, und damit eine von wenigen in ganz Deutschland ist. Dieses Gebäude und seine Geschichte sind ein exzellentes Beispiel dafür, wie stark sich eine Gesellschaft und die Menschen in ihr verändern können. Und wir sind sehr froh, jetzt Teil dieser Geschichte zu sein.
Bis zum nächsten Mal,
Nick & Jonah